Wege der Digitalisierung in die Landwirtschaft
Die Landwirtschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten von einem durch Handarbeit geprägten Sektor zu einer hoch technisierten Branche entwickelt. Diese Mechanisierung schafft eine Steigerung der Komplexität und es müssen immer mehr Entscheidungen gleichzeitig getroffen werden. Für genaues Arbeiten braucht es ausgereifte Sensoren und Entscheidungshilfen aus Systemen, die miteinander kommunizieren. Um den Überblick nicht zu verlieren und die Kontrolle zu behalten, werden Abläufe weitestgehend automatisiert und Arbeitsschritte exakt dokumentiert. Felder sind gemessen am Bewuchs und der Bodenstruktur sehr heterogene Flächen, die viele Einzelentscheidungen benötigen, um sie effizient zu bewirtschaften. Genau hier liegen die Vorteile von Precision Farming und Precision Agriculture. Treiber der Entwicklung sind Politik, Wissenschaft, Gesellschaft und die landwirtschaftliche Branche selbst. Erkenntnisse aus der Wissenschaft zu pflanzenbaulichen Zusammenhängen zeigen Potentiale bei der Einsparung von Ressourcen und Treibhausgasen auf, politische Rahmenbedingungen und gesellschaftliche Forderungen bestimmen das Spielfeld und geben eine Richtung vor. Die steigenden gesellschaftlichen und rechtlichen Anforderungen an die Landwirtschaft können durch die, sich rasant entwickelnde Technik gelöst werden. Wachsender Kostendruck durch den internationalen Wettbewerb verlangt zusätzlich eine Steigerung der Effizienz in der Produktion von landwirtschaftlichen Gütern innerhalb der Branche.
Treibende Kräfte in der Entwicklung
Der Schub der Digitalisierung geht durch alle Wirtschaftszweige, daher muss sich nicht nur die Landwirtschaft den Herausforderungen stellen. Von diesem Fortschritt zum Beispiel im Bereich der Informationstechnik profitiert die Landwirtschaft ebenfalls. Wichtig sind hierbei besonders die globalen Ortungssysteme für eine genaue Positionsbestimmung. Frei verfügbare Satellitendaten haben einen Sprung nach vorne ermöglicht. Hier können durch die Kombination verschiedener Verfahren die Positionsdaten der Maschinen bis auf wenige Zentimeter genau gemessen werden. Technische Lösungen in der elektronischen Maschinensteuerung wie eine Teilbreitenschaltung im Pflanzenschutz oder eine Antriebssteuerung und Dosiereinrichtungen von Düngerstreuern und Sämaschinen können hiervon profitieren. Weiterhin werden spezielle Sensoren benötigt, um zum Beispiel den Zustand von Pflanzenbeständen zu erfassen. Der Weg im Ackerbau führt zu einer Prozesskette von informationsgeleiteter Pflanzenproduktion.
Der Markt für Precision Agriculture ist mittlerweile weit entwickelt und es gibt verschiedenen Unternehmen die ganzheitliche Farm-Management-Informations-Systeme anbieten, die nicht nur auf dem Feld, sondern auch im Stall und im gesamten Betrieb Anwendung finden. Für den Einstieg stellt sich daher die Frage, wo anfangen!? Und welche Herausforderungen und Problemstellungen existieren in diesem Bereich?
Die erste Herausforderung liegt meistens in der Implementierung. Eine Umstellung ist anfangs mit einem hohen Zeitaufwand verbunden. Hinzu kommen preisliche Risiken. Hier müssen die Kosten mit dem Nutzen ins Verhältnis gesetzt werden. Eine weitere große Herausforderung ergibt sich aus der Entscheidung, welche Anwendungen man benutzt und ob diese nachhaltig verwendbar sein werden. Nur Daten sammeln allein reicht ebenfalls nicht, man sollte die Daten auch visualisieren und auswerten können. Entsprechend dieser Informationen kann man im nächsten Schritt seine Maßnahmen planen und umsetzen. Dafür sind geeignete Kommunikationswege, Schnittstellen, Maschinen und Geräte notwendig. Denn ein Ochse kann mit Applikationskarten wenig anfangen. Grundsätzlich ist zu sagen, dass landwirtschaftliche Betriebe bei der Implementierung neuer Technik das Zusammenspiel mehrerer Faktoren und auch unterschiedlicher Systeme beachten sollten.
Die zweite große Herausforderung ist die Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten. Netzabdeckung ist häufig ein Problem. Im Bereich der Datenerfassung sind die Funktionen im besten Fall so gestaltet, dass die Daten auf den mobilen Geräten gespeichert und bei ausreichender Verbindung zum Internet mit dem zugehörigen Cloudspeicher synchronisiert werden. Bei den örtlichen Gegebenheiten spielen auch individuelle Betriebsstrukturen eine Rolle. Hier ist die Konnektivität der Systeme und Maschinen untereinander häufig eine Hürde. Besonders bei Lohnunternehmen ist die Maschinen-Flotte in der Regel gemischt und Maschinen sind unterschiedlich weit digitalisiert. Die Abstimmung zwischen den einzelnen Komponenten ist sehr wichtig und herausfordernd. Ist eine Stelle schon sehr weit in der digitalen Welt fortgeschritten, müssen die umliegenden Stellen oft ebenfalls eine Ausbaustufe nachziehen – sonst klappt die Kommunikation nicht problemlos. Standardisierungen und herstellerunabhängige Anwendungen, sowie Möglichkeiten analoge Landtechnik anschlussfähig zu machen, bieten eine Lösung des Problems. Das Bedienpersonal sollte auch nicht außer Acht gelassen werden. Hierfür werden intuitive Programme benötigt, die klar verständliche Funktionen bereitstellen.
Aktuelle Anwendungsfelder und Verfahren in der Landwirtschaft
Es gibt keine exakte und weitläufig anerkannte Definition zu Precision Agriculture oder Precision Farming. Der Begriff beschreibt unterschiedliche Bereiche in der Landwirtschaft. Es wird nicht nur als Technologie für Standortunterschiede verstanden, sondern es geht um die gesamte Prozesskettengestaltung und um Informationsmanagement. Dazu werden verschiedenen Komponenten miteinander kombiniert. Der Bereich umfasst die automatische Datenerfassung als Basis, Teilflächentechnik für alle pflanzenbaulichen Maßnahmen, Flottenmanagement (Standort, Routenplanung, Maschinendatenüberwachung) und Feldrobotik (automatisierte Gerätesteuerung für personengesteuerte oder unbesetzte Fahrzeuge).
Prinzipiell unterscheidet man in Online- und Offline-Verfahren. Potential- und Applikationskarten werden im Vorfeld generiert und in getrennten Arbeitsschritten, häufig manuell an das Terminal im Schlepper übermittelt. Hier spricht man vom Offline-Verfahren. Die Maschinen orientieren sich bei den pflanzenbaulichen Arbeitsschritten dann an den hinterlegten GPS-Daten. Für autonomes Fahren und gelenkte Anbaugeräte ist also ein stabiles GPS-Signal unabdingbar. Beim Online-Verfahren werden die Daten in dem Moment erhoben, in dem der eigentliche Arbeitsschritt erfolgt. Bei Pflanzenschutzmaßnahmen werden beispielsweise Informationen zum Pflanzenbestand durch an der Front des Schleppers verbaute Sensortechnik erhoben. Nach dieser Maßgabe wird über bestimmte Sollwerte die Regeltechnik der angehängten Feldspritze beeinflusst. Durch die elektrische Kommunikation der betreffenden Komponenten passiert der Austausch in einem Bruchteil einer Sekunde. Ähnliche Verfahren können bei der Ausbringung von Düngemitteln verwendet werden. Daher wird eine gute Sensortechnik benötigt, die auf verschiedenen Verfahren zurückgreift. So können unter anderem die Stickstoffversorgung, die Verunkrautung, der Anteil an Biomasse insgesamt und auch ein Krankheitsbefall erkannt werden. Optische Sensoren nutzen die Eigenschaft von Pflanzen, rotes Licht, welches zur Photosynthese genutzt wird, zu absorbieren und dadurch weniger zu reflektieren. Daraus kann die photosynthetisch aktive Biomasse bestimmt werden. Bei der Nah-Infrarot-Spektroskopie (NIR) wird der gegenteilige Effekt genutzt. Pflanzenstrukturen reflektieren nahinfrarotes Licht, das sich außerhalb des für den Menschen sichtbaren Spektrums bewegt. Daraus ergibt sich für den Zustand der Bestände auf den Schlägen ein charakteristisches Reflexionsspektrum. Für die Beurteilung des Krankheitsbefalls kann unter anderem über thermische Sensoren die Oberflächentemperatur der Blätter gemessen werden, wodurch man bei einem Pilzbefall die gesunden von den kranken Blättern unterschieden kann.
In der Vergangenheit wurde oft behauptet, dass Landwirtinnen und Landwirte zu wenig Buch führen. Gründe dafür seien der hohe zeitliche Aufwand, fehlende valide Messwerte und unterschiedliche Formate. Zudem müssen die Daten am Ende ausgewertet und interpretiert werden. Das hat sich mit dem heutigen Stand der Technik stark vereinfacht. Um die Messwerte zu Informationen verarbeiten zu können, müssen die Daten zunächst erfasst und gespeichert werden. Dies geschieht im Bereich Precision Agriculture bei jedem Arbeitsschritt automatisch. Mit Hilfe des GPS-Signals können diese Daten zusätzlich einer Position auf dem Feld zugeordnet und in unterschiedlichen Karten dargestellt werden. Häufige Anwendungsfelder sind die Ertragskartierung, die auf den gesammelten Informationen der Erntemaschinen basiert oder Vegetationskarten, die auf Satellitendaten zurückgreifen. Eine weitere Möglichkeit ist die Einbeziehung von Ergebnissen aus Bodenproben, die auf der Fläche dargestellt werden. Anhand des Kartenmaterials können pflanzenbauliche Maßnahmen gezielt geplant und umgesetzt werden.
Zukünftig wird es sicherlich eine immer stärkere Digitalisierungsdynamik geben. Die Entwicklung von Feld- und Stallrobotern ist noch längst nicht am Ende angekommen. Roboter sind im Stall schon häufiger zu sehen, auf dem Feld aber noch wenig anzutreffen. Maschinen können eine Saat oder sensorgestützte Unkrautbekämpfung vornehmen und schaffen im Schwarm eine ähnliche Flächenleistung wie ihre großen Verwandten. In der Robotik ist auf jeden Fall noch Luft nach oben. Im Bereich Software werden sich die Anbieter durchsetzen, die sich dynamisch auf die Bedürfnisse der Anwender und der Branche anpassen können.
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