Bedingungen für die Aussaat von Zuckerrüben in Europa
Sie wird auch die „Königin der Feldfrüchte“ genannt – die Zuckerrübe. Die Aussaat von Zuckerrüben ist eine anspruchsvolle Aufgabe in der Landwirtschaft. Die Anforderungen für den Anbau dieser Kulturpflanze sind, verglichen mit anderen Feldfrüchten, eher hoch. Denn im Wachstum der Pflanzen müssen einige Hindernisse überwunden werden. Größter Einflussfaktor auf die Aussaat und den Ertrag von Zuckerrüben sind, wie bei allen Kulturen, die Standortbedingungen wie Boden und Witterung. Eine ausreichende Wasserversorgung während der Hauptwachstumsphase ist dabei Voraussetzung für gute Erträge. Gegen kurzzeitige Trockenperioden besitzen die Pflanzen eine relativ gute Toleranz. Bei längerem Wassermangel werfen Zuckerrüben ihre Blätter ab und bilden neue aus dem Rübenkörper, allerdings auf Kosten der Erträge. Weiterhin sollte der Saathorizont gut abgesetzt sein und über ausreichend Feinerde verfügen. Um Erosion und Verschlämmung zu vermeiden, bietet sich eine Mulchauflage an. Daher gewinnen Mulch- und Direktsaatverfahren bei der Aussaat von Zuckerrüben immer mehr an Bedeutung. Eine lange Wachstumsperiode wirkt sich ebenfalls positiv auf den Ertrag der Zuckerrüben aus. Also ist ein früher Zeitpunkt für die Aussaat von Zuckerrüben ausschlaggebend. Eine optimale Aussaat erfolgt ab einer Bodentemperatur von etwa 5 Grad Celsius. Diese Bedingungen sind in Mitteleuropa von Anfang bis Mitte März gegeben. Der Zeitpunkt für die Aussaat von Zuckerrüben wird jedoch auch durch natürliche Faktoren sowie die Vor- und Folgefrucht beschränkt. Ein warmes und trockenes Frühjahr ist deshalb die erste wichtige Voraussetzung für einen hohen Ertrag beim Anbau von Zuckerrüben. Ein weiterer Vorteil für die Wachstumsbedingungen sind warme Sommer mit ausreichenden Niederschlägen und langanhaltend hohen Temperaturen. Weitere Einflussfaktoren ergeben sich aus der langfristigen Ausrichtung des Bodennutzungssystems und den kurzfristigen pflanzenbaulichen Maßnahmen wie Düngung, Bodenbearbeitung und Pflanzenschutz. Die Maßnahmen im Pflanzenbau können mithilfe digitaler Lösungen automatisch dokumentiert und die Daten als Entscheidungsgrundlage verwendet werden. Die Aussaat von Zuckerrüben erfolgt durch Einzelkornsämaschinen mit Abständen von 44 bis 50 Zentimeter zwischen den Reihen. Um einen möglichst großen Abstand zwischen den Pflanzen zu realisieren, kann das Saatgut mit geeigneter Technik im Dreiecksverband (Delta- oder Matrixsaat) abgelegt werden. Je nach Auflaufrate und Abstand der Saatpillen liegt ein optimaler Pflanzenbestand bei etwa 95.000 Rüben pro Hektar. Um diese Mengen zu bewältigen, spielen logistische Rahmenbedingungen beim Anbau von Zuckerrüben ebenfalls eine entscheidende Rolle. So ist die weitere Verarbeitung der Pflanzen in Zuckerfabriken zu beachten. In Deutschland konzentriert sich die Herstellung von Rübenzucker auf drei große Unternehmen mit regionalen Zuckerfabriken. Das führt dazu, dass aus logistischen Gründen nicht an allen geeigneten Standorten eine Aussaat von Zuckerrüben sinnvoll ist. So werden landwirtschaftliche Flächen mit einer Entfernung von über 100 Kilometer zur nächsten Zuckerfabrik selten für den Anbau von Zuckerrüben genutzt. Die Verwendung von Zuckerrüben in Biogasanlagen für die Stromproduktion schwächt diesen Effekt etwas ab. Zu den größten Produzenten von Zuckerrüben in Europa zählen Frankreich mit rund 420.000 Hektar im Jahr 2020, gefolgt von Deutschland (390.000 Hektar) und Polen (240.000 Hektar). Die Erträge schwanken in Abhängigkeit von den Umweltbedingungen und dem Anbaumanagement der Betriebe. In Deutschland lag der mittlere Ertrag im Jahr 2019 bei rund 70 Tonnen je Hektar. Bei guten Bedingungen sind Erträge über 80 Tonnen je Hektar ebenfalls möglich. Daraus ergibt sich im Durchschnitt ein Zuckerertrag von 12 Tonnen je Hektar, Rekorde liegen bei bis zu 20 Tonnen je Hektar. Welche Faktoren die Ertragsbildung und die Aussaat von Zuckerrüben beeinflussen, wird im folgenden Kapitel behandelt.
Einflussfaktoren auf die Ertragsbildung von Zuckerrüben
Nach Keimung und Auflaufen des Saatguts bilden Zuckerrüben in etwa neun Laubblätter aus. Während dieser Zeit wachsen die Wurzeln bis zu zweieinhalb Meter tief in den Boden. Ein wichtiger Termin beim Anbau von Zuckerrüben ist der Reihenschluss oder Bestandsschluss der Pflanzen. Er ist definiert als der Zeitpunkt, an dem sich über 90 Prozent der Pflanzen benachbarter Reihen berühren beziehungsweise überlappen. Je nach Dichte in der Aussaat und den Wachstumsbedingungen ist ein Reihenschluss bei mitteleuropäischen Beständen circa Mitte Juni zu erwarten. Danach sind mechanische und chemische Pflanzenschutzmaßnahmen nicht mehr ohne Weiteres möglich. Weiterhin können die ersten Gaben mit Blattdüngern vorgenommen werden. Die geschlossene Blattdecke führt zu einer Veränderung des Mikroklimas im Bestand. Dies verringert zum einen die Verdunstung aus dem Boden, begünstigt zum anderen jedoch das Auftreten von Pilzinfektionen. Der Rübenkörper ist in dieser Phase bereits im vollen Wachstum. Durch Erfolge in der Züchtung und ein gutes Anbaumanagement sind in heutigen Zuckerrüben bis zu 20 Prozent Zucker enthalten. In Regionen, in denen der Anbau sinnvoll ist, kam es nach Berechnungen des Instituts für Zuckerrübenforschung in Göttingen seit den 1980er Jahren zu einem kontinuierlichen Anstieg des Weißzuckerertrages. Der Anstieg liegt im Durchschnitt bei jährlich ein bis zwei Prozent. Im Erntejahr 2020/21 lag der Zuckerertrag in Deutschland bei insgesamt 11,7 Tonnen pro Hektar. Das macht Zuckerrüben zum größten Lieferanten von Nahrungsenergie bezogen auf die Flächenleistung. Um Fruchtfolgen und produktionstechnische Maßnahmen besser zu überblicken und Effekte analysieren zu können, gibt es digitale Hilfsmittel. Farm-Management-Informations-Systeme bieten Softwarelösungen für die Fruchtfolge- und Sortenplanung. Zur Beurteilung von Qualität und Ertragsleistung der Zuckerrüben wird der bereinigte Zuckerertrag (BZE) als kalkulatorische Größe hinzugezogen. In die Berechnung des BZE fließen der Rübenertrag (in Tonne pro Hektar), der Zuckergehalt, der Standardfabrikverlust und der Standard-Melasse-Verlust mit ein. Wie diese Qualitätsmerkmale ausgeprägt sind, hängt ab von den Entscheidungen im Pflanzenbau und den klimatischen Bedingungen in der Wachstumsphase der Pflanzen. Welche Produkte am Ende aus den Zuckerrüben entstehen können, ist im nächsten Abschnitt zusammengefasst.
Verwendung der Zuckerrüben und der Nebenprodukte
Die direkte Verarbeitung der Zuckerrüben dient der Herstellung von Weißzucker. Dabei entstehen Flüssigzucker, Kristallzucker oder Rübensirup. Die Rüben können zusätzlich der Erzeugung von Bioenergie in Form von Biogas dienen. Die Nutzung von Zuckerrüben in Biogasanlagen hat in den letzten Jahren zugenommen. Im Jahr 2019 lag der Anteil der Energierüben bei knapp sieben Prozent der gesamten Rübenanbaufläche in Deutschland. In diesem Zusammenhang entstanden Zwischenerzeugnisse, aus denen sich Produkte für die Tierproduktion herstellen lassen. Die Blätter der Zuckerrüben und die Nebenerzeugnisse aus der Zuckerherstellung wie Rübenschnitzel, Melasse oder Vinasse (fermentierte Melasse) kommen als Tierfutter zum Einsatz. Vinasse wird wegen seines hohen Anteils an organisch gebundenem Stickstoff, Phosphor und Kalium als Düngemittel genutzt. Der Restzucker in der Vinasse begünstigt die Strohrotte und wirkt sich positiv auf die Bodenmikroorganismen aus. Weiterhin kann die sogenannte Rübenerde, die den Zuckerrüben anhaftet, dem Kreislauf im Ackerbau wieder zugeführt werden. Hier ist zu beachten, dass sich erhebliche Mengen an Stickstoff in der Erde befinden können und eine Auswaschung in das Grundwasser unbedingt vermieden werden sollte. Zuckerrüben sind insgesamt ein vielseitiges Produkt, wobei der Anbau positive Effekte für den Boden hat. Zuckerrüben sind besonders gut geeignet, um getreidereiche Fruchtfolgen aufzulockern und den Schädlingsdruck im Folgejahr zu reduzieren. Gegen einen Anbau von Zuckerrüben sprechen die Preisentwicklung für Zucker auf dem Weltmarkt und die Herausforderungen beim Pflanzenschutz, welche die Wirtschaftlichkeit immer weiter erschweren. Daher ist die Zukunft des Anbaus von Zuckerrüben in Europa ungewiss.
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